Mutti geht am Stock, da ist die Tochter in der Pflicht?

Foto: andreikovnir

Bis in die vierte Spalte hinein habe ich den Bericht unserer Heimatzeitung DIE HARKE über die Sitzung des Nienburger Finanzausschusses relativ entspannt gelesen.

Er entsprach in etwa dem, was ich von einer solchen Ausschusssitzung in diesen Zeiten erwartet habe und dass der vorgelegte Haushaltsentwurf nicht grade ausführlich und zustimmungsfähig ist, wusste ich bereits, seit ich ihn das erste Mal gesehen habe.

Im Prinzip ist alles gesagt, auch schon von allen. Allerdings gibt es dann ein Passage, der ich doch noch etwas hinzuzufügen habe, denn der Verkauf des „Tafelsilbers“ ist aus unterschiedlichen Gründen keine Lösung und erst recht keine kluge Idee:

Erstmals für 2024 erhofft sich die Verwaltung einen ausgeglichen Haushalt!

Und um das zu erreichen soll unter anderem die Gewinnausschüttung der GBN um 50% erhöht werden. Und die Vorschläge zur Versilberung gehen noch weiter. Die öffentliche Vorlage zum Ausschuss war voller doller Ideen.

Es ist kein Geheimnis, dass andere Städte ihr Waterloo bereits hinter sich haben- zu Hauf sind kommunale Wohnungsunternehmen geschwächt und sogar teilweise oder ganz verkauft worden, um defizitäre Haushalte zu kitten.

Aber ganz offensichtlich ist an der Stadt Nienburg die Diskussion über die Rekommunalisierung von kommunalem Wohnungsbestand vorbei gegangen.

Städte wie Berlin, Dresden und andere bereuen heute sehr, ihr sog. „Tafelsilber“ verkauft zu haben und bemühen sich aus wohnungsstrukturpolitischen Überlegungen, die Wohnungen zurück zu kaufen. Mit der Privatisierung verloren die Städte nämlich auch ihren politischen Einfluss, der Betrieb entzog sich einer Kontrolle der öffentlichen Hand. Der finanzielle Aspekt spielte ebenfalls eine bedeutende Rolle: Die erwirtschafteten Überschüsse fließen beim kommunalen Wohnungsbau wieder in die den kommunalen Wohnungsbau zurück, erhöhen den Wert der Gesellschaft und sind Teil des Vermögens oder in städtischen Kassen und stehen dort für kommunale Investitionen zur Verfügung . Wenn man die Rendite der GBN schmälert, mag man zwar kurzfristig Erlöse haben – langfristig wird allerdings die „Rendite“ geschmälert.

Dazu kommt ein anderer, sehr wesentlicher Aspekt:

Wohnraumversorgung ist Aufgabe der Daseinsvorsorge.

Die Wohnraumversorgung gehörte schon immer zu den wichtigsten Aufgaben der Kommunen. „Die Städte und Gemeinden sind zwar nach den Grundsätzen des Ordnungsrechts lediglich verpflichtet, obdachlose Haushalte unterzubringen, dennoch lässt sich aus Artikel 28 des Grundgesetzes, der Landesverfassung und der Gemeindeordnung die grundsätzliche Aufgabe der Städte und Gemeinden ableiten, die Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem und angemessenem Wohnraum sicherzustellen.

Grundsätzlich besteht ein öffentliches Interesse, preisgünstigen und bezahlbaren Wohnraum im Sinne der kommunalen Daseinsvorsorge zu schaffen. Angesichts der allgemeinen Rahmenbedingungen und Dringlichkeit der Nachfrage ist es erforderlich, dass die Kommunen neben der Unterstützung privater Gesellschaften auch selbst aktiv werden. Als treibende Kraft zur Bewältigung der Herausforderungen zur Sicherung einer ausreichenden Wohnraumversorgung kann sich die Komme daher nicht nur auf Partner verlassen, sondern muss selbst aktiv werden und Impulse setzen. Dafür bedient sie sich der GBN.

Aufgabe der GBN

Klassischer sozialer Auftrag kommunaler Wohnungsbauunternehmen ist die Bereitstellung von bezahlbarem, preisgünstigem Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung. Wohnungsbauunternehmen bieten ein angenehmes Zuhause zu fairen Mieten. Bei ihnen sind auch diejenigen willkommen, die auf der sozialen Rangliste nicht ganz oben stehen.

Was machen kommunale Wohnungsbauunternehmen, was macht die GBN aus:

  • sie betreibt aktive Wohnungspolitik, indem nicht nur dem Markt „das Feld“ überlassen wird
  • sie bürgt für verlässliche Vermietereigenschaft
  • sichert die Vermietung für Einheimische
  • kümmert sich um die Verfügbarkeit der Grundstücke
  • nimmt Einfluss auf die bauliche Umsetzung und Gestaltung
  • verfolgt eine langfristig angelegte Renditestrategie bzw. Kapitalanlage
  • sichert durch ihre Bestände als kommunales Wohnungsunternehmen Vermögenswerte der Kommune.

Man muss also eigentlich nicht darüber diskutieren, dass der Gewinn der GBN am besten auch bei der GBN verbleibt. In Zeiten wie diesen, in denen man allerdings nicht das gesamte Haushaltsdefizit auf Corona schieben kann, ist es legitim, über eine erhöhte Ausschüttung zu diskutieren.

Mutti geht am Stock, da ist die Tochter wohl in der Pflicht. Aber 50%?

Wer so etwas fordert, sollte von sich nicht behaupten dürfen, firm auf dem Gebiet der sorgfältigen Haushaltsführung zu sein. Die Folgen solchen Handelns würden nicht lange auf sich warten lassen.