Kapitel 4: Wenn es eng wird „unten herum“

Ein Garten hat nicht nur Länge und Breite. Er hat auch Höhe! Eine Dimension, die man aus ganz unterschiedlichen Gründen bei der Gestaltung berücksichtigen sollte. Im kleinen Garten ganz besonders, denn die Höhe bietet zusätzliche Fläche. Und die ist bekanntlich Mangelware.

Objekte, die dem Garten Höhe geben, als Blickfang dienen und die Gartenräume teilen sind AUCH Pflanzfläche. Egal, aus welchem Material sie sind, sie lenken den Blick auf einen Punkt. Die passende Bepflanzung macht aus dem Blickfang einen echten Hingucker und löst gleichzeitig ein Problem: vor allem bei uns sind Kletterpflanzen oft an den Gartenrand verband. Clematis, Kletterrosen, Akibia und Co. werden in der Regeln an den Gartenzaun oder die Hauswand verbant und führen dort oft ein eher karges Leben. Ihre Aufgabe ist schlicht, die Wände und Zäune zu verdecken…

In Groß Britanien ist das anders. Dort präsentiert man die Kletterstars gerne mitten im Garten, mitten in den Beeten und an extra für sie errichteten Rankhilfen aus wirklich jedem erdenklichen Material.

Warum? Weil sie an den Hauswänden und Zäunen nicht wirklich gedeihen, also auch nur selten ihre volle Blühfähigkeit zeigen. Weil es zu trocken (Regenschatten!) und im Sommer zu heiß (Backstein!) ist, oder zu schattig und feucht, weil sie oft aussehen, als sollten sie nicht dort sein und weil man sie nicht gut sieht oder erreichen kann.

Zwei „Climber“ entzücken die Briten besonders. Und das zu rechtSweet Peas und Clematis.

Ich stelle mir oft das distinguierte Gesicht einer englischen Gartenfreundin vor, wenn sie im Sortiment hiesiger Gartenmärkte eine Packung gemischter Prachtwicken entdecken würde… „WHAT???? Mixed Seeds of Sweet Peas?“

Die wunderbaren Prachtwicken sind den Briten heilig und dürfen in keinem Brautstrauß fehlen. Es gibt sie in unzähligen Sorten mit wunderbaren Farben und Düften. Aber NIEMALS einfach so gemischt. Ich habe in meinem Garten die fantastisch duftenden „White Frills“ und zwei dunkel rote Sorten: „Burgundy“ und „Beaujolais“. Und ich hab gelernt, sie zu hegen und zu pflegen, damit man die Begeisterung für diese Kletterer nachvollziehen kann. Die „Sweet Peas“ sind ein bisschen wie Oscar Wilde: sie haben einen ganz einfach Geschmack- einfach immer nur das Beste!

Sonne satt, viel zu essen, also wöchentlich einen ordentlichen Schluck Seealgendünger (flüssig!) und täglich Wasser. Wenn man dann beim täglichen Gießen auch gleich alles Verblühte abschneidet, sind sie die Königinnen im Sommergarten!

Und ganz klar- in einer Ecke oder an der Hauswand im Hintergrund möchten die Diven nicht stehen. Wohin also?

An eine Obelisken oder noch besser- an einen großen Bogen, denn die Sweet Peas werden groß!

Der andere „Climber“ der in über 300 Sorten den Stolz britischer Gärtner*innen besonders zur Geltung bringt, ist die Clematis. Wobei… die Clematis gibt es eigentlich nicht, denn die vielen Sorten sind noch in drei Gruppen unterteilt. Aber dazu kommen wir später noch ausführlich.

Im Gegensatz zu den Sweet Peas, die nur einen Sommer überleben, kann man sich bei richtiger Wahl und guter Pflege an den Clematis viele Jahre erfreuen. Darum lohnt es sich, mindestens für die Clematis, auch einen ordentlichen Bogen oder Obelisken zu kaufen, während die Sweet Peas ihren Sommer über auch gut an einem Gestell aus großen Haselruten oder Bambusstäben wachsen. Anders als oft kolportiert sind Clematis KEINE Schattengewächse. Wirklich üppig blühen wird die Clematis nur, wenn sie auch Sonne und etwas Wind hat!

Es lohnt sich also in einen soliden Bogen zu investieren, wenn man die dritte Dimension des Gartens erobern möchte!

Ich weiß, die gibt es auch mal im Discounter, aber- Finger weg! So ein Pflanzbogen muss viel aushalten. Er steht im Wind und trägt zusätzlich das Gewicht der Pflanzen. Darum sollte er selber stabil und haltbar sein und mit langen Bodenankern befestigt werden. Wenn es darum geht, so einen Bogen zu setzen, dann nimm Dir Zeit für die Planung, denn es ist wesentlich leichter etwas „auf dem Papier“ zu ändern, als Fertiges wieder umzubauen. Wenn der Bogen schlapp macht und die Kletterköniginnen dann ganz zurückgeschnitten werden müssen, um einen neuen zu setzen- das ist sehr ärgerlich. Und:

Der Standort muss vor allem den Bedürfnissen der Pflanzen entsprechen, die daran wachsen sollen!

Und er muss natürlich in die Symmetrie des Garten passen. Kurz- er soll DER Hingucker werden und viele Jahre Freunde machen.

Meinen Bogen möchte ich mit verschieden Clematis und Sweet Peas bepflanzen und er soll das neue Eingangstor zur „Teichebene“ werden und muss so hoch sein, dass die Wäscheleine noch drunter durch passt. Es macht keinen Sinn, diese Tatsache zu ignorieren, denn wir haben Wäsche und wir brauchen die Leine.

In einem gelungenen Garten stehen das Praktische und die Emotionen ganz im Vordergrund. Was empfindet man in ihm?“

Adam Frost (Englischer Gartenarchitekt)

Ein Haus ist nur so gut wie sein Fundament und auch Pflanzen gedeihen nur gut, wenn man für ein gutes Fundament, also ordentliche Wurzeln in einem guten Bogen sorgt.

Es gibt ein paar Dinge, die man beachten sollte, um aus dem Pflanzbogen den Hingucker zu machen, den man sich vorgestellt hat.

Bei der Auswahl der Clematis, an denen ich mich mehrere Jahren erfreuen möchte, greife ich ausschließlich auf „sommerblühende Clematis“ oder „Clematis alpina“ zurück. In den drei Gruppen sind die Sommerblüher die Sorte, die von Juli bis September blüht und in jedem Jahr im Februar oder März bis zum Boden zurückgeschnitten wird. Bedeutet- Winter und Frost spielen keinen so große Rolle, denn alles, was verfroren ist, wird ohnehin zurückgeschnitten! Die Clematis alpina werden gar nicht oder nur partiell geschnitten und sind sehr winterhart. Frühlingsblühende Clematis werden schon im Sommer nach der Blüte geschnitten und bilden ihre Triebe aus, die dann in unseren Wintern leicht verfrieren. Ich habe natürlich auch einige früh blühende Sorten, die ich direkt zu den anderen pflanze. Dann ist ein Totalausfall nicht so offensichtlich. 😉

Aber zurück zum Pflanzen: Dann wäre da zunächst das Pflanzloch: Das muss erheblich größer und tiefer sein, als der Wurzelballen der Clematis, die man pflanzen möchte. Das A und O gesunder und vitaler Wurzeln ist eine gute Drainage!

Darum geben ich zuerst eine ordentliche Portion Blähton in das Loch. Kies oder Split tut es aber auch. Darauf kommt etwas Kompost und eine Hand voll organischer Dünger (zum Beispiel pelletierter Pferdemist oder ähnliches), dann wieder etwas Kompost und erst dann kommt die Clematispflanze in das Loch. Mit Erde auffüllen und gut andrücken (NICHT antreten!). Alles gut angießen und zum Abschluss eine dicke Schicht (mindestens 6 cm) Kompost als Mulch oben drauf.

Machen wir uns nichts vor- das Umpflanzen aus dem in der Regel schon viel zu engen Topf ist für die Pflanze Stress pur. Damit sie nicht gleich wieder „in die Vollen“ gehen muss und etwas Zeit hat, sich am neuen Standort einzuwurzeln, wird die Clematis auf jeden Fall (keine Ausnahmen, auch nicht, wenn die Triebe schon so toll aussehen) bis auf 10 Centimeter zurückgeschnitten. Die kurze Verschnaufpause dank sie sehr bald mit neuen kräftigen Trieben! Wirklich.

Ob die Clematis gut und üppig wächst und blüht, hängt vor allen davon ab, wie gut die Wurzeln sich ausbilden. Einige der Kletterschönheiten wachsen bis zu drei Meter in einem Sommer. Um Wasser und Nährstoffe bis nach oben zu bringen und den ganzen Sommer über Triebe nachzubilden, braucht die Pflanze gute Wurzeln. Und ein bisschen liebevolle Pflege. Regelmäßig Wasser, einmal in der Woche gerne mit etwas Flüssigdünger. Organischer Tomatendünger oder Seealgen sind meiner Erfahrung nach am besten geeignet.

Beim Düngen gilt: Immer die Dosierungsanleitung beachten. Viel hilft nicht viel, es schadet den Pflanzen, dem Boden und dem Grundwasser!

Woher kommt das Gerücht, die Clematis würde gerne im Schatten wachsen? Nun, ich denke, es liegt wohl daran, dass sie ursprünglich aus dem Wald kommt. Ihr deutscher Name, „Waldrebe“ verrät ihre ursprüngliche Herkunft. Aber- seit die Waldrebe aus dem Wald in die Gärten eingezogen ist, hat sich viel getan!

Geblieben ist ihre Abneigung gegen Sonne an den Wurzeln, denn die mögen es nicht, wenn der Boden um sie herum ganz austrocknet. Darum ist es gut, den Wurzelbereich zu schützen. Mit Steinen oder einer zuverlässigen Blumenfreundin. Oder beidem. Ein halber alter Blumentopf tut es auch.

Ich habe auf der einen Seite an meinem Bogen zwei Clematis gepflanzt, eine Sandsteinkugel dazugesellt und die „Große violette Wachsblume“ (Cerinthe major ‚Purpurascens‘) dazugepflanzt.

Die Wachsblume wird immer wieder in Gartenmagazinen vorgestellt, aber im Handel ist sie nur selten zu haben.
Die Sorte ‚Purpurascens‘ bezaubert mit wunderschönen exotischen Blüten und blaugrünen Blättern. Sie ist ein echter Hingucker in jedem Blumenbeet! Und eine fleißige Dauerblüherin. Von Juni bis September zeigt sie ihre dunkelblau bis violetten Blüten und blüht schon im ersten Jahr.

Ihre Wuchshöhe von 50- 60cm garantiert ihr, dass sie neben der Clematis nicht übersehen wird und genau, wie diese ist sie anspruchslos und bevorzugt einen sonnig bis halbschattigen Standort, normalen, leicht kalkhaltigen, nicht zu trockenen Gartenboden.

Leider ist sie nicht vollkommen winterhart, aber sie samt sich von alleine aus. Noch besser ist es allerdings, die Samen im Herbst abzusammeln und die neuen Pflanzen im Frühjahr vorzuziehen. Sicher ist sicher.

Auf der Südseite des neuen Bogens sind auch zwei Clematis. Der Symmetrie wegen bekommen natürlich auch diese Clematis eine Wachsblume zur beschattenden Unterstützung, damit sie mit ihren üppigen Blättern den Boden rund um die Clematis schön feucht hält.

Die Hauptbühne ist allerdings für die „Sweet Peas“ reserviert!

Die werden vorsichtig gepflanzt und natürlich nicht ganz zurückgeschnitten. Aber es lohnt sich, noch einmal alle Triebspitzen auszubrechen, damit sie sich noch mehr verzweigen und üppig auch in die Breite wachsen. Ein einzelner Stängel, der sich bis hoch an den Bogen rankt und nur oben seine Blüten zeigt, das ist nicht das, was ich möchte, :-D.

Ich werde in den kommenden Wochen berichten, wie sich der neue Bogen macht.

Und was ich mit den abgeschnittenen Trieben der Clematis gemacht habe, dass kann man unter

lesen. Viel Spaß dabei!